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Über Risiken und Nebenwirkungen beim Heizkostensparen

Das Einsparen von Heizkosten ist gerade ein Top Thema. Aber nicht alles, was einem in den verschiedenen Medien und Informationsquellen geraten wird, ist aus baubiologischer Sicht auch empfehlenswert. Die wichtigsten „Fallstricke“ des Heizkostensparens möchte ich heute vorstellen.

Im Sommer dieses Jahres hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) beschlossen. Zum 01.09.2022 trat diese in Kraft. Hierin ist unter anderem zu lesen, dass Vereinbarungen im Mietvertrag, nach denen der Mieter durch eigene Handlungen eine Mindesttemperatur im Wohnraum zu gewährleisten hat, für die Geltungsdauer der Verordnung ausgesetzt sind. Des Weiteren werden Höchstwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen öffentlicher Nichtwohngebäuden genannt (maximal 12°C bis 18°C je nach Schwere der körperlichen Arbeit). Zum besseren Verständnis gibt es vom BMWK dazu noch eine Kampagne (80 Millionen – Gemeinsam für Energiewechsel) mit Tipps wie „Heizung runter“ und „Abwärme smart nutzen“ – „damit wir gut durch den Winter kommen“.

Das Anliegen der Maßnahmen erscheint nachvollziehbar und die Message „1°C Raumtemperatur spart 6 % Energiekosten“ ist klar. Aber der praktische Weg zur Heizkostenersparnis ist, trotz zahlreicher konkreter Vorschläge in verschiedenen Medien, mit einigen „Fallstricken“ versehen.

Ich kann und möchte keine Handlungsanweisung zum Heizkostensparen geben, da die jeweils sinnvollen Maßnahmen ganz erheblich von den individuellen Randbedingungen abhängen (Gebäudealter und –zustand, Größe des Wohn- oder Aufenthaltsraums, Art der Nutzung, Anzahl der Nutzer, etc.). Für diesen Blog gilt also: „Glaubt mir nichts, überlegt und bewertet selbst!“. Meine folgenden Ausführungen sollen euch aber zumindest bei euren Überlegungen helfen und über einige Grundlagen informieren. In diesem Sinne möchte ich 7 Tipps näher beleuchten, welche bei falscher Auslegung hinsichtlich der Raumhygiene kritisch werden könnten oder weiter zu ergänzen wären.

1. Thermostat runter drehen

Ja, das kann man machen. Wenn man anschließend das Haus verlässt, nur ab und an zum Lüften zurückkommt sowie den Frostschutz beachtet, ist das auch relativ großzügig anwendbar. Das ist allerdings in den meisten Fällen nicht das Ziel. Wir möchten ja das Haus oder die Wohnung weiter nutzen. Aber was bedeutet es, wenn wir den Wohnraum weiter wie bisher nutzen (gleichbleibende Feuchteproduktion), dabei aber die Raumtemperatur, z.B. von molligen 22°C auf gefühlt arktische 12°C herunterschrauben?

Bereits in vorangegangenen Blog-Artikeln habe ich erläutert, dass warme Luft mehr Luftfeuchte „halten kann“ als kalte Luft. Das führt dazu, dass bei gleichbleibender absoluten Feuchte (Feuchtegehalt der Luft in g/kg oder g/m³) und einer Abkühlung der Luft die abgekühlte Luft eine höhere relative Feuchte aufweist (Feuchtegehalt der Luft in %). Als Gedankenbild hilft hier wieder das kalte Bier-, Sekt- oder Limonadenglas im Sommer. Man denke also sehnsuchtsvoll an die kleinen Wassertropfen an der Glasaußenseite, die sich bilden, da sich hier die warme Sommerluft abkühlt und die relative Luftfeuchte 100 % erreicht (Kondenswasserausfall).

In welchen Größenordnungen das stattfindet, zeigt das 1923 von Richard Mollier entwickelte h-x-Diagramm. Das Knowhow ist also nicht ganz neu, aber noch immer hochaktuell. Ich werde das hier nicht im Detail durchexerzieren, aber schaut es euch ruhig mal an. Es ist ganz leicht im Internet zu finden und um das h-x-Diagramm zu benutzen, müssen nur zwei Größen bekannt sein (z.B. Temperatur und am Hygrometer angezeigte relative Luftfeuchtein Prozent). Der Rest lässt sich daraus ableiten. Das geht auch mit den kostenlosen Rechnern für Luftfeuchte im Internet, aber am Diagramm ist es anschaulicher. Egal wie. Macht man dies z.B. mit 22°C und 50 % relativer Luftfeuchte, dann ergeben sich 9,7 g/m³ (bzw. achtkommairgendwas g/kg) absolute Feuchte. Bei gleichbleibender absoluter Feuchte (9,7 g/m³) und einer Abkühlung der Luft auf 12°C ergibt sich eine relative Luftfeuchte von 91,1 %. Hui, deutliche Schimmelpilzgefahr! Da nützt es auch nichts, dass der Schimmelpilz bei niedrigeren Temperaturen schlechter „gedeiht“. Dieser als positiv zu wertende Einflussfaktor wird durch den Anstieg der relativen Luftfeuchte nämlich meist vernichtet. Berücksichtigen wir zudem, dass die Wände mindestens noch mal ein bis zwei Grad kühler sind als die Raumluft, kommen wir in den Bereich, in dem an den Wänden sogar Tauwasser ausfällt (100 % relative Feuchte).

Das Beispiel zeigt schon den Einfluss der Bausubstanz auf die Gefahr der Schimmelpilzbildung. Das heißt, wenn wir im genannten Beispiel (absolute Feuchte 9,7 g/m³) die Raumtemperatur „nur“ auf 18°C senken, ist die relative Feuchte im Raum zwar schon zu hoch und das Lüften dringend empfehlenswert (63,2 %). Im modernen und sehr gut gedämmten Wohnraum, z.B. mit einhergehenden Oberflächentemperaturen der Wände von 17°C und 67,1 % relativer Luftfeuchte sowie bei relativ kurzfristiger Erreichung dieser Werte, gibt es da aber meist noch nicht gleich ein Schimmelpilzproblem. Haben wir aber einen schlecht gedämmten Altbau, draußen knackige Kälte und an den Wärmebrücken (Wand/Decken-Übergänge, Heizkörpernischen, etc.) nur noch 14°C an der Oberfläche der Bauteile, resultiert hieraus eine relative Luftfeuchte von 80,5 %. Es besteht in dem Fall eine deutliche Schimmelpilzgefahr und somit das Potential für ein hygienisches Problem.

Schimmelpilze benötigen kein freies Wasser bzw. Kondenswasser, hohe Luftfeuchten genügen bereits. Grob überschlägig lässt sich sagen, dass einige Schimmelpilze bereits bei knapp unter 70 % relativer Luftfeuchte wachsen und bei 80 % Luftfeuchte für sehr viele Arten ein Wohlfühlklima herscht. Hier ist die Gefahr der Schimmelpilzbildung schon sehr hoch. Das gilt es zu vermeiden.

Also was nun? Wichtig ist, immer die relative Luftfeuchte im Blick zu haben, und zwar an der kältesten Stelle der Gebäudehülle. Hierfür reicht ein ganz einfaches Thermo-Hygrometer. Wenn die relative Feuchte an der kältesten Stelle über 60 % oder sogar auf 70 % steigt, sind einige Minuten Stoßlüften nötig (je nach Jahreszeit 5 bis 10 Minuten). Wenn mitten im Raum und nicht an der kältesten Stelle gemessen wird, sind 50 % Luftfeuchte im Winter meist ein angemessener Maximalwert. Aber wie gesagt, aussagekräftiger sind Messungen an der kältesten Stelle. Ebenfalls wichtig ist, dass bei Verringerung der Temperatur häufiger gelüftet (Abtransport der Feuchte) und/oder der Eintrag von Feuchte in die Raumluft reduziert werden muss (z.B. die Wäsche nicht in der Wohnung, sondern z.B. auf dem Balkon oder im Garten trocknen).

Für Technikfreunde gibt es übrigens nicht nur Thermo-Hygrometer mit Warnfunktion (Warnlicht blinkt ab Luftfeuchten von 50 % bis 60 %), sondern auch Datenlogger mit speziell hierfür entwickelter App. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese über Bluetooth kommunizieren und dadurch einen Beitrag zum Hochfrequenzeintrag im Raum haben (umgangssprachlich Elektrosmog genannt). Ich persönlich bevorzuge daher die Thermo-Hygrometer mit Warnfunktion.

2. Keine Möbel oder Vorhänge vor dem Heizkörper platzieren

Das ist ein guter Tipp, denn zwischen den Heizkörpern und den Möbeln/ den Vorhängen staut sich die Wärme und wird schlechter an den Raum abgegeben. Das Zimmer wird folglich nicht gleichmäßig warm. Aber hierzu gibt es eine Ergänzung. Möbel und Vorhänge vor den Außenbauteilen können ganz allgemein potentiell problematisch sein, insbesondere wenn die Raumbeheizung reduziert wird. Dies kann nämlich dazu führen, dass die abgedeckten Außenbauteile (meist Wand oder Decke) nicht mehr ausreichend von der beheizten Raumluft umspült und aufgeheizt werden (Luftwalze kommt nicht dahinter). Dadurch kann es hinter Vorhängen und Möbeln zu kritischen Temperaturen kommen.

Also was nun? Möbel sollten im Abstand von mehreren Zentimetern zu Außenbauteilen stehen. Hierbei stellt sich die Frage, ob die von den meisten Fachleuten empfohlenen 5 bis 10 cm Abstand ausreichend sind oder nicht? Das hängt von vielen Randbedingungen ab (Größe und Rückseite des Möbelstücks, zu erwartende Luftbewegung, Neubaufeuchte, etc.). Kleinere Möbel sind erwartungsgemäß etwas unproblematischer. Gleiches gilt für Möbel ohne Rückwand oder mit gelochter Rückwand, ggf. aus einem Material, welches von Mikroorganismen schwer besiedelt werden kann. Hilfreich sind auch Maßnahmen zur Erhöhung der Temperatur oder der Luftbewegung im Zwischenraum (Wandsockelheizung, kleiner Lüfter, etc.). Vorhänge sollten so gewählt werden, dass eine Hinterlüftung möglich ist. Besonders wichtig ist dies bei Neubauten, in denen die Neubaufeuchte noch relativ hoch ist. Dies gilt meist die ersten 3 bis 5 Jahre, je nach Bauart und der Menge der beim Bauen eingebrachten Feuchte (Holzhaus oder Massivbauweise, Trockenestrich oder Fließestrich, etc.).

Am besten ist es, die Temperatur und die Raumluftfeuchte im Bereich der Schränke und Vorhänge einfach mal zu messen und zu bewerten (Thermo-Hygrometer). Aufschlussreich sind auch Messungen im Schrank (hinten an der Wand), insbesondere, wenn noch mit erhöhter Neubaufeuchte zu rechnen ist.

3. Fenster und Türen abdichten

Undichte Fenster oder Außentüren können zu Wärmeverlusten bis hin zu unangenehmer Zugluft im Wohnraum führen. Deshalb sind Empfehlungen wie das nachträgliche Einkleben von Dichtungen nachvollziehbar, aber wie so oft nur die eine Seite der Medaille. Was den ungewollten Undichtigkeiten nämlich positiv angerechnet werden darf, ist ihr Beitrag zur Lüftung.
Das heißt, beseitigt man Undichtigkeiten, kann das eben auch dazu führen, dass weniger Feuchte und Raumluftschadstoffe (z.B. Formaldehyd oder Verbrennungsgase) nach außen geführt werden. Dies sollte durch verstärktes Stoßlüften ausgeglichen werden.

4. bei Abwesenheit die Heizung herunterdrehen und Nachtabsenkung

Das Runterdrehen der Heizung bei Abwesenheit ist zweckmäßig, aber mit Bedacht auszuführen. Die Nachtabsenkung kann sinnvoll sein, muss sie aber nicht. Warum das nun schon wieder? Die Innenwände kühlen sonst zu stark ab und das Schimmelrisiko steigt. Zudem stellt sich die Frage, ob nach der Abkühlung das Aufheizen auf die übliche Temperatur nicht mehr Energie benötigt, als vorher eingespart wurde.

Wenn wir eine Woche in die Ferien fahren, ist es überlegenswert, die Heizkörper nicht komplett herunterzufahren, sondern bei niedrigerer Temperatur beständig weiterlaufen zu lassen (nicht nur Frostschutz, sondern je nach Randbedingungen z.B. 12°C oder mehr). Bei kürzeren Wochenendtrips wären in vielen Fällen 15°C eine akzeptable Temperatur. Das darf jedoch, wie bei allen vorgenannten Aspekten, nicht als starre Empfehlung im Sinne eines festen Wertes gesehen werden, da die sinnvollste Mindesttemperatur von den Randbedingungen abhängt (Bausubstanz, Baumaterialien, Pflanzen und Tiere im Wohnraum, Neubaufeuchte, sonstige Feuchteeinträge, etc.).

Auch die Nachtabsenkung sollte nicht zu intensiv gewählt werden. Meist sind 17°C und nicht weniger als 16°C sinnvoll. Den gewünschten Effekt bringt die Nachtabsenkung meist eher bei Häusern mit wenig Speichermasse (z.B. ältere Fertigteilhäuser). Massiv errichtete Häuser sind dagegen thermisch träge. Das hat den Vorteil, dass die Gebäudehülle als Wärmespeicher dient und den Nachteil, dass die Bauteile lange Zeit benötigen, bis sie aufgeheizt sind. Eine Nachtabsenkung spart dann keine oder kaum Energie.

Auch hier gilt wieder: „Probieren geht über Studieren“, und jeder Fall ist individuell!

5. Kerzen anzünden

Ja, Kerzen und sogenannte Teelichtöfen können dabei helfen, die Raumtemperatur anzuheben. Das Abbrennen der Kerzen ist jedoch, ebenso wie alle derartigen Verbrennungsvorgänge, mit einem Sauerstoffverbrauch und der Entwicklung von Verbrennungsgasen sowie einer erhöhten Rußkonzentration in der Luft verbunden. Man sollte also mit dieser derzeit häufig verbreiteten Empfehlung aus verschiedenen Gründen vorsichtig sein und auf eine verstärkte Lüftung achten.

6. Abwärme und Restwärme nutzen

Ab- und Restwärme nutzen, ist bei industriellen Prozessen sinnvoll und im Wohnbereich ebenfalls zumindest bedingt möglich. Hierbei sollte aber darauf geachtet werden, dass es sich um trockene Wärme handelt. Der im Internet angepriesene Tipp, die von einem Vollbad aufgewärmte Luft des Badezimmers in den Rest der Wohnung ziehen zu lassen, ist jedenfalls nicht zur Nachahmung zu empfehlen. Die Luft im Badezimmer ist bereits sehr nah am Sättigungspunkt, was man z.B. am Ausfall von Kondenswasser an der Badezimmerfensterscheibe erkennen kann. Leitet man diese Luft in der kalten Jahreszeit in nicht oder nur wenig geheizte Räume, freut das den Schimmelpilz unter Umständen sehr. Der Effekt ist der gleiche wie im Bad an der Fensterscheibe oder auf dem Spiegel. Die warme und feuchte Luft wird an den kalten Wandoberflächen abgekühlt und die relative Luftfeuchte erreicht kritische Werte.

Vorsicht also mit feuchter bzw. stark wasserdampfhaltiger Luft.

7. Auf den Trockner verzichten

Ja, gut. Das hier ist ein Tipp aus dem Internet zum allgemeinen Stromsparen und nicht zum Heizkostensparen. Aber ich möchte trotzdem kurz auf eine Empfehlung eingehen, die da lautet „Ob im Garten, auf dem Balkon oder im Waschkeller, es ist immer energiesparender, die Wäsche auf einem Wäscheständer zu trocknen, statt den Trockner zu benutzen.“ Ja, das ist schon so. Die Wäscheleine ist für die Klimabilanz die beste Wahl, aber bitte vor der Tür. Wenn es keinen Garten, Balkon oder Waschkeller gibt und stattdessen der Wäscheständer in der Wohnung steht, muss hier zusätzlich gelüftet werden, und zwar reichlich!

Das Wäschetrocknen „indoor auf der Leine“ kann wirklich zum Problem werden, da – wie vorangehend erläutert – die Luftfeuchteproduktion im Raum eigentlich reduziert werden muss, wenn weniger geheizt wird. Wenn nun aber noch zusätzlich die Wäsche in der Wohnung getrocknet wird, kann es für den Schimmelpilz anfangen, „gemütlich“ zu werden.

Was an Feuchte nicht eingebracht wird, muss nicht rausgelüftet werden. Es gibt allerdings leider wenige Tipps, um die bei Temperaturabsenkung dringend benötigte Senkung des Feuchteeintrages in die Raumluft zu erreichen. Die meisten davon sind zudem harte Einschnitte in unsere Komfortzone (mit dem Lappen waschen statt duschen, etc.). Das Trocknen der Wäsche draußen auf der Leine ist damit, neben dem Deckel auf dem Kochtopf während des Kochens, eines der wenigen Mittel, um die Feuchtelast im Wohnraum zu reduzieren. Naja, vielleicht eines noch: Raus ins Freie mit euch! Wer nicht drinnen, sondern draußen atmet, bringt in der Zeit seine feuchte Atemluft gleich mit vor die Tür und die ganze Sache hat vielleicht doch noch einen kleinen positven Aspekt.

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